Noémie Meier

Pidgin und Kreolsprachen

9. Februar 2025

Ein Produkt des Kolonialismus

Die Sprachen, die heute am populärsten sind, gehören fast alle zu der indoeuropäischen Sprachfamilie. Die indoeuropäische Sprachfamilie ist auf dem ganzen Globus verbreitet und gehört mit etwa drei Milliarden Muttersprachlern zu der «sprecherreichste Sprachfamilie der Welt.»[1] Das bringt uns zu der Frage, wie sich die indoeuropäischen Sprachen so weit ausbreiten konnten.

In der Forschung zur Sprachgeschichte geht man, von einer ursprünglichen indoeuropäischen Sprache aus, von der aus sich die anderen indoeuropäischen Sprachen entwickelten. Diese Ursprungssprache nennt man auch das Protoindoeuropäische. Der Ursprung des Protoindoeuropäischen ist nicht vollständig geklärt. Man kann aber davon ausgehen, dass der Ursprung im Südkaukasus liegt. Von dort aus breitete sich das Protoindoeuropäische in nördliche Steppenregionen aus, wo die Menschen in einer nomadischen Hirtenkultur lebten. So verbreitete sich dann das Protoindoeuropäische in ganz Europa. Mit der Zeit entwickelte sich aus einer Sprache ganz viele verschiedene Sprachen. Das geschah durch Abspaltungen von einzelnen Bevölkerungsgruppen, Einflüsse von aussen und noch vieles mehr.

https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/urspruenge-der-indoeuropaeischen-sprachfamilie/

Doch heute sprechen wir von einer Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachfamilie über den ganzen Globus. Die Ursache dafür findet sich im europäischen Kolonialismus. 

Die Grossmächte annektierten fremdes Land und versklavten die Menschen, die dort lebten. Für die Sklaven wurde schnell deutlich, dass es ihnen einen Vorteil bringt, sich mit ihren Herren zu verständigen. Aus diesem Grund kam es zur Bildung einer neuen Sprache, einer sogenannten Pidginsprache. Doch nicht nur die Sklaven und ihre Herren kommunizierten mit Pidgin Sprachen. Auch die Sklaven untereinander sprachen nicht immer die gleiche Sprache. Mit den Sklaven wurde gehandelt, wie mit sonstigen Gütern. Deshalb wurden sie von Land zu Land transportiert und sprachen untereinander nicht zwingend dieselbe Sprache.

Neue Sprachen Entstehen

Pidgin Sprachen entstehen dann, wenn zwei Parteien kommunizieren wollen, jedoch nicht dieselbe Sprache sprechen. Beide Parteien kommunizieren zuerst pantomimisch und erst mit der Zeit kommen Wörter hinzu, dessen Bedeutung man durch die Pantomime erlernt hat. So entsteht der Grundwortschatz einer Pidginsprache, wobei die Partei mit dem höheren sprechenden Anteil, den grösseren Teil zu dem Grundwortschatz beiträgt. Deshalb sind die Pidginsprache in Kolonialgebieten meist auch sehr ähnlich zu der Sprache der Kolonialherren. Ein eher aktuelles Beispiel, mit tragischem Hintergrund, sind die Sprachen, die in den Konzentrationslagern währenddem zweiten Weltkrieg gesprochen wurden. Die sogenannte Lagerszpracha wurde von den Menschen gesprochen, die in den Konzentrationslagern gefangen gehalten wurden. Die Sprache setzt sich vor allem aus polnischem und deutschem Vokabular zusammen. Polnisch, weil ein grosser Teil der Gefangenen polnisch sprach und Deutsch, weil diese Sprache zum Überleben in dem KZ-Alltag zwingend notwendig war. [2]

Pidginsprachen sind von einfachen grammatikalischen Strukturen geprägt, heisst keine Flexion. Das liegt daran, dass grammatikalische Strukturen schwieriger zu erlernen sind und die meisten Pidginsprachen nur einen zeitlich begrenzten Zweck erfüllen mussten. Ein Beispiel wäre die Flexion von Verben:

  • Ich gehen

  • Du gehen

  • Er gehen

Kinder von Sklaven, die in einer Region aufwachsen, in der Pidgin gesprochen wird, wachsen dann mit dieser Pidginsprache als Muttersprache auf. Doch die bis dahin bestehende Pidginsprache ist zu unvollständig um als eigene Muttersprache zu dienen. Deshalb wird sie nun erweitert. Aus der Pidginsprache wird eine Kreolsprache mit einem grösseren Vokabular und einer ausgebauten Grammatik.

  • Ich gehen wird zu Ich gehe

  • Du gehen wird zu Du gehst

  • Er gehen wird zu Er geht

Ein Beispiel für eine Kreolsprache ist Tok Pisin, eine Amtssprache in Papua-Neuguinea. Tok Pisin ist eine Kreolsprache, die auf dem Englischen basiert. Tok Pisin entstand als Sprache von Arbeitern auf Zuckerrohrplantagen im Pazifik. Tok Pisin hat, da es eine Kreolsprache ist, eine Grammatik und ein Lautsystem, wobei zweiteres stark auf dem Englischen basiert.

In Papua-Neuguinea hat Tok Pisin einen hohen Stellenwert und wird in der Verfassung als Landessprache anerkannt. An einigen Schulen wird in der Sprache Tok Pisin unterrichtet, im Radio und auch im Fernsehen wird Tok Pisin gesprochen. Dennoch gibt es auch heute Menschen, die die Meinung vertreten, dass Englisch Tok Pisin überlegen sei. Die meisten akzeptieren Tok Pisin trotzdem als eigenständigen Sprache, was für die nationale Identität in Papua-Neuguinea wichtig ist. [3]


[1] https://www.wikiwand.com/de/articles/Indogermanische_Sprache

[2] https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/sprache-in-nationalsozialistischen-konzentrationslager/

[3] https://savagerose.org/de/tok-pisin-deutsch/

Andere Quellen:

Alle Quellen wurden zuletzt am 9.2.2025 aufgerufen.